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Schadensersatzpflicht des Vermieters bei pflichtwidrig verweigerter Erlaubnis zu Untervermietung
Der Bundesgerichtshof hat am 11.06.2014 folgende Pressemitteilung veröffentlicht
Der Bundesgerichtshof hat sich heute in einer Entscheidung mit der Frage der Schadensersatzpflicht eines Vermieters befasst, der den
Mietern einer Dreizimmerwohnung, die sich aus beruflichen Gründen mehrere Jahre im Ausland aufhielten, die Untervermietung zweier
Zimmer versagt hatte.
Die Kläger sind seit 2001 Mieter einer Dreizimmerwohnung der Beklagten in Hamburg. Sie halten sich seit 15. November 2010 in Kanada auf,
weil der Kläger zu 2 zum 1. Januar 2011 eine befristete mehrjährige Arbeitstätigkeit in Ottawa aufgenommen hat. Mit Schreiben vom 19.
August 2010 unterrichteten sie die Hausverwaltung der Beklagten von ihrer Absicht, die Wohnung – mit Ausnahme eines von ihnen weiter
genutzten Zimmers – ab dem 15. November 2010 voraussichtlich für zwei Jahre an eine namentlich benannte Interessentin unterzuvermieten,
weil sie sich in dieser Zeit aus beruflichen Gründen regelmäßig im Ausland aufhalten würden. Die Beklagte verweigerte die Zustimmung zur
Untervermietung. Mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts vom 4. Oktober 2011 wurde sie verurteilt, die Untervermietung der beiden
vorderen Zimmer der Wohnung bis zum 31. Dezember 2012 an die von den Klägern benannte Interessentin zu gestatten.
Im vorliegenden Verfahren nehmen die Kläger die Beklagte auf Zahlung entgangener Untermiete im Zeitraum vom 15. November 2010 bis 30.
Oktober 2011 in Höhe von insgesamt 7.475 € nebst Zinsen in Anspruch. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landgericht hat die
hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Die vom Landgericht zugelassene Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg.
Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass den Klägern nach §
553 Abs. 1 BGB* ein Anspruch auf Gestattung der Untervermietung der zwei vorderen Zimmer der Mietwohnung an die Untermietinteressentin
zustand. Indem die Beklagte die Zustimmung zur Untervermietung verweigert hat, hat sie schuldhaft eine mietvertragliche Pflicht verletzt und
ist zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens (Mietausfalls) verpflichtet.
Der Wunsch der Kläger, im Hinblick auf die (befristete) Arbeitstätigkeit des Klägers zu 2 im Ausland von berufsbedingt entstehenden Reise-
und Wohnungskosten entlastet zu werden, stellt ein berechtigtes Interesse zur Untervermietung eines Teils der Wohnung dar. Dem Anspruch
auf Gestattung der Untervermietung stand auch nicht entgegen, dass die Kläger nur ein Zimmer der Dreizimmerwohnung von der
Untervermietung ausnahmen und auch dieses während ihres Auslandaufenthalts nur gelegentlich zu Übernachtungszwecken nutzen wollten. §
553 Abs. 1 BGB stellt weder quantitative Vorgaben hinsichtlich des beim Mieter verbleibenden Anteils des Wohnraums noch qualitative
Anforderungen bezüglich seiner weiteren Nutzung durch den Mieter auf. Von einer "Überlassung eines Teils des Wohnraums an Dritte" im
Sinne des § 553 Abs. 1 BGB ist regelmäßig bereits dann auszugehen, wenn der Mieter den Gewahrsam an dem Wohnraum nicht vollständig
aufgibt. Hierfür genügt es, wenn er ein Zimmer einer größeren Wohnung zurückbehält, um hierin Einrichtungsgegenstände zu lagern und/oder
es gelegentlich zu Übernachtungszwecken zu nutzen.
Die Beklagte kann sich hinsichtlich der verweigerten Zustimmung zur Untervermietung nicht auf einen unverschuldeten Rechtsirrtum berufen.
Dass die Frage, ob ein Mieter Anspruch auf Zustimmung zur Untervermietung hat, wenn er einen mehrjährigen Auslandsaufenthalt antritt,
während dessen er den ihm verbleibenden Teil des Wohnraums nur sporadisch nutzen wird, bislang noch nicht Gegenstand einer
höchstrichterlichen Entscheidung gewesen ist, entlastet die Beklagte nicht von ihrer rechtlichen Fehleinschätzung. Denn sie hätte sich mit
Rücksicht auf eine insoweit bestehende Rechtsunsicherheit nicht der Möglichkeit verschließen dürfen, dass sie zur Erteilung der Erlaubnis
verpflichtet war, und durfte das Risiko einer Fehleinschätzung nicht den Mietern zuweisen.
Urteil vom 11. Juni 2014 – VIII ZR 349/13
AG Hamburg - Urteil vom 6. Juni 2013 – 44 C 257/12
LG Hamburg - Urteil vom 26. November 2013 – 316 S 57/13
Auswirkungen der Entscheidungen in der Praxis:
1. Wichtig bei der Bewertung des Falles ist, dass hier ein Teil der Wohnung, und sei es eben nur ein Zimmer, durch den Hauptmieter weiter
genutzt werden sollte. Soll die gesamte Wohnung an einen Dritten untervermietet werden, greift § 553 BGB nicht. Es ist somit auf Seiten des
Vermieters zunächst abzuklären, welchen Umfang die angestrebte Untervermietung durch den Mieter haben soll.
2. Kommt man als Vermieter zu dem Schluss, ein Fall des § 553 BGB, also eine teilweise Untervermietung liegt vor, stellt sich die Frage nach
dem berechtigten Interesse. Hier können die Fallgestaltungen vielseitig sein, aber insbesondere dann wenn berufliche oder auch familiäre
Gründe den Mieter zu einer Verlegung des Hauptwohnsitzes zwingen, eine Rückkehr in die Wohnung innerhalb eines überschaubaren
Rahmens zu erwarten ist, wird man nach dieser Entscheidung von einem berechtigten Interesse ausgehen müssen.
3. Da § 553 BGB bei vorliegen eines berechtigten Interesses (und Fehlen der vorliegend wohl nicht streitgegenständlichen Ausschlussgründe,
also wichtiger Grund in der Person des Untermieters, Überbelegung, sonstige Unzumutbarkeit) einen Anspruch gewährt, liegt hier eine
mietvertragliche Nebenpflicht vor, deren Verletzung wie im entschiedenen Fall zu einer Schadensersatzpflicht führen kann. Hierfür ist ein
Verschulden seitens des Vermieters erforderlich. Selbst wenn jedoch die Frage, wie hier noch nicht obergerichtlich geklärt ist, entlastet dies
den Veermieter nicht zwingend, da Verschulden nicht nur in Vorsatz, sondern auch in Fahrlässigkeit bestehen kann. Geht der Vermieter also
das Risiko ein, dem Mieter einen zumindest pausiblen Wunsch nach teilweiser Untervermietung zu verweigern, geht damit auch die mögliche
Folge des Schadensersatzes einher.
4. Möchte der Vermieter somit eine Untervermietung vermeiden, so bleibt letztlich nur diese unter Vorbehalt zu gestatten un dim Wege der
Feststellungsklage zu klären, dass er hierzu nicht verpflichtet ist. Hat er hiermit Erfolg, so kann er gegen den Mieter gemäß §§ 540, 541 BGB
vorgehen. Dieser Weg ist sicherlich mühsamer, als die zunächst verweigerte Gestattung, sichert aber gegen mögliche
Schadensersatzforderungen ab. Wären die Beklagten in diesem Verfahren so vorgegangen, wäre ihnen nicht nur der nun zu zahlende
Schadensersatz erspart geblieben, es wären auch nur für ein gerichtliches Verfahren Kosten angefallen.
Die aktuelle Entscheidung