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Vogelschlag begründet außergewöhnliche Umstände im Sinne der Fluggastrechteverordnung

Der Bundesgerichtshof hat am 24.09.2013 folgende Pressemitteilung veröffentlicht: Der für das Reise- und Personenbeförderungsrecht zuständige X. Zivilsenat hat in zwei Fällen, in denen ein Flug aufgrund eines durch Vogelschlag verursachen Turbinenschadens erheblich verspätet war oder annulliert worden ist, über Ausgleichsansprüche von Flugreisenden nach der Fluggastrechteverordnung (Verordnung (EG) Nr. 261/2004) entschieden. Der Kläger des Verfahrens X ZR 160/12 buchte bei dem beklagten Luftverkehrsunternehmen eine Flugreise von Frankfurt am Main über Brüssel nach Banjul (Gambia) und zurück. Der Rückflug von Banjul nach Brüssel sollte am 18. Januar 2010 um 21.00 Uhr Ortszeit starten und mit der Maschine durchgeführt werden, die an diesem Tag aus Brüssel  ankam. Diese Maschine erlitt jedoch während des Landeanflugs in Banjul einen Vogelschlag, wodurch es zu einer Beschädigung an einem Triebwerk kam. Die Maschine konnte nicht rechtzeitig repariert werden. Die Beklagte musste ein Ersatzflugzeug aus Brüssel einfliegen, das am Abend des 19. Januar 2010 in Banjul landete. Mit diesem Flugzeug trat der Kläger am selben Abend den Rückflug an und landete am nächsten Tag in Frankfurt am Main.    Die Kläger des Verfahrens X ZR 129/12 buchten bei dem beklagten Luftverkehrsunternehmen einen Flug von Fuerteventura nach Hannover. Der Start wurde abgebrochen, weil Vögel in das Triebwerk geraten waren. Die Kläger wurden am Tag darauf von einer anderen Fluggesellschaft weiterbefördert und trafen ca. 24 Stunden später als geplant in Hannover ein. In beiden Fällen haben die Vorinstanzen die Klage abgewiesen. Mit den von den  Berufungsgerichten zugelassenen Revisionen verfolgen die Kläger die Ausgleichsansprüche weiter.   Im ersten Fall hat der Bundesgerichtshof die Revision zurückgewiesen. Vogelschlag ist ein Ereignis, das außergewöhnliche Umstände im Sinne von Art 5 Abs. 3* der Fluggastrechteverordnung begründen kann. Vogelschlag wirkt von außen auf den Flugverkehr ein, er ist für das Luftverkehrsunternehmen nicht vorhersehbar und auch nicht beherrschbar; etwa mögliche Vogelvergrämungsmaßnahmen fallen nicht in den Verantwortungsbereich des Luftverkehrsunternehmens, sondern des Flughafenbetreibers. Die infolge des Vogelschlags eingetretene Verspätung oder Annullierung hätte sich auch bei Ergreifung aller zumutbaren Maßnahmen nicht vermeiden lassen, da das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat, dass die Beklagte auf dem Flughafen Banjul keine Ersatzmaschine vorhalten musste.  Im zweiten Fall hat der Bundesgerichtshof das Berufungsurteil aufgehoben und den Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Da das Berufungsgericht hierzu keine Feststellungen getroffen hat, konnte der Bundesgerichtshof nicht beurteilen, ob die Beklagte alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um zu verhindern, dass infolge des Vogelschlags der Flug annulliert werden musste. Urteil vom 24. September 2013 – X ZR 160/12 AG Frankfurt am Main - Urteil vom 20. April 2012 – 29 C 222/12 LG Frankfurt am Main – Urteil vom 29. November 2012 – 2-24 S 111/12  und  Urteil vom 24. September 2013 – X ZR 129/12   AG Hannover - Urteil vom 7. März 2012 – 436 C 11054/11  LG Hannover - Urteil vom 26. September 2012 - 12 S 28/12 

Auswirkungen der Entscheidungen in der Praxis:

1. Wenig überraschend kommt er BGH zu dem Schluss, dass ein Vorgelschlag ein außergwöhnliches Ereignis sein kann, welches das

Luftfahrtunternehmen von den in der Fluggastrechteverordngung vorgesehenen Ausgleichszahlung befreit. Ebenfalls vollkommen

nachvollziehbar ist, dass nicht die Fluggesellschaft, sondern der Flughafen-Betreiber verantwortlich ist, für die Durchführung von sog.

Vergrämungsmaßnahmen. Die Fluggesellschaft war somit aus Sicht des BGH nicht in der Lage den Vogelschlag an sich durch eigene

Maßnahmen zu verhindern. Dem ist zuzustimmen.

2. Bedeutet dies jedoch, dass im Falle von Vogelschlag die Fluggesellschaft sich stets auf ein außergewöhnliches Ereignis berufen kann, der die Plicht zur Ausgleichszahlung entfallen lässt? Sicher nicht. Dies zeigt schon die unterschiedliche Handhabung der beiden vom BGH entschiedenen Fälle. Im Fall X ZR 160/12 kam das Gericht zu dem Schluss, dass die beklagte Fluggesellschaft nicht verpflichtet war, in Banjul, der Hauptstadt des westafrikanischen Landes Gambia ein Ersatzflugzeug vorzuhalten. Dem ist nichts entgegenzusetzen, würde eine andere Ansicht letztlich ja bedeuten, dass Fluggesellschaften auf jedem von ihnen bedienten Flughafen ein Ersatzflugzeug vorhalten müsste. Das kann vernünftigerweise nicht erwartet werden. Im Fall X ZR 129/12 hat der BGH hingegen keine abschließende Entscheidung getroffen. Es konnte hier nicht anhand der Feststellungen der Vorinstanzen prüfen, ob die Fluggesellschaft alles ihr mögliche getan hat. So wäre aus meiner Sicht z.B. nicht nachvollziehbar, wenn eine Fluggesellschaft an ihrem Heimatflughafen sich ohne nähere Begründung darauf berufen würde, es sei keine Ersatzmaschine verfügbar. 3. Soll somit nach einem auf Grund eines Vogelschlages verspäteten oder annulierten Fluges eine Ausgleichszahlung geltend gemacht werden, ist zu prüfen, ob die Fluggesellschaft alle ihr möglichen und zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat. Was hierbei zumutbar ist, ist eine Frage des konkreten Einzelfalles. Sicherlich kann eine Fluggesellschaft an ihrem Heimatflughafen schneller und flexibler reagieren, als sie dies auf einem weit entfernten und von ihr nur relativ niedrig frequentierten Flughafen kann.
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Andreas Hofreiter Rechtsanwalt